Rudolf Steiners Anthroposophie

– Der Erkenntnisweg der Freiheit


«Anthroposophie ist ein Erkenntnisweg, der das Geistige im Menschenwesen zum Geistigen im Weltenall führen möchte. Sie tritt im Menschen als Herzens- und Gefühlsbedürfnis auf. Sie muß ihre Rechtfertigung dadurch finden, daß sie diesem Bedürfnisse Befriedigung gewähren kann. Anerkennen kann Anthroposophie nur derjenige, der in ihr findet, was er aus seinem Gemüte heraus suchen muß. Anthroposophen können daher nur Menschen sein, die gewisse Fragen über das Wesen des Menschen und die Welt so als Lebensnotwendigkeit empfinden, wie man Hunger und Durst empfindet.»

Rudolf Steiner
«Anthroposophische Leitsätze»

Auf einer einzelnen Internetseite etwas Aussagekräftiges und Angemessenes über die Anthroposophie zu schreiben, ist ein aussichtsloses Unterfangen. Daher werde ich mich im Folgenden auf einige wenige Aussagen und Hinweise beschränken, die für mich immer eine besondere Bedeutung hatten und noch immer haben.

Hier auf dieser ersten Seite zu diesem Thema möchte ich Rudolf Steiner selbst zu Wort kommen lassen. In den Vorbemerkungen zu seinen gesammelten Aufsätzen unter dem Titel «Philosophie und Anthroposophie» beschreibt er die von ihm entwickelte Geisteswissenschaft wie folgt:

«Unter Anthroposophie verstehe ich eine wissenschaftliche Erforschung der geistigen Welt, welche die Einseitigkeiten einer bloßen Natur-Erkenntnis ebenso wie diejenigen der gewöhnlichen Mystik durchschaut, und die, bevor sie den Versuch macht, in die übersinnliche Welt einzudringen, in der erkennenden Seele erst die im gewöhnlichen Bewußtsein und in der gewöhnlichen Wissenschaft noch nicht tätigen Kräfte entwickelt, welche ein solches Eindringen ermöglichen.»
Damit ist für mich bereits auf eine sehr wesentliche Sache hingewiesen:

In der Welt der Naturwissenschaft haben wir in der Regel zuerst die Wahrnehmung der sinnlich-physischen Welt sowie Beobachtung der Phänomene. in einem zweiten Schritt versuchen wir dann diese Phänomene mit Hilfe unseres Denkens zu verstehen und zu erklären.
In der Anthroposophie oder Geisteswissenschaft schlagen wir in der Regel einen genau gegensätzlichen Weg ein. Durch die Methode, wie Rudolf Steiner seine spirituell-geistigen Wahrnehmungen beschreibt, können wir seine Schilderungen der geistigen Welt zuerst gedanklich nachvollziehen und prüfen. Dabei verhalten wir uns ähnlich wie ein Reisender, der sich in der Vorbereitung auf seine Reise mit Hilfe eines Reiseführers ein Bild von dem Land macht, dass er noch nie gesehen hat und auch gar nicht kennt.
Zur Erkenntnis kann jeder Schüler der Geisteswissenschaft kommen, wenn er sich selbst auf den Weg der geistigen Schulung begibt und mit entsprechenden Übungen seine eigenen Geistesorgane ausbildet. Dann kann er die Schilderungen des Geistesforschers nicht nur gedanklich überprüfen, sondern auch schrittweise erkennen.

Die Anthroposophie Rudolf Steiners bietet dem suchenden, modernen Menschen also beide Seiten: Erstens die exakte Beschreibung der übersinnlichen Welt in einer Methode, die dem wissenschaftlich denkendem Menschen unserer Zeit entspricht, und zweitens zeigt sie Wege auf, wie die geistig-seelischen Organe entwickelt werden können, welche die Wahrnehmung der geistigen Welt möglich machen. Insofern kann die Anthroposophie als eine Erweiterung der Anthropologie verstanden werden, weil sie Wege aufzeigt, wie der Forschende mit wissenschaftlicher Methode über die sinnesgebundene Erfahrungswelt hinaus das geistige Wesen des Menschen erfassen kann.

In der heutigen Zeit gibt es ja immer mehr Menschen, die von sich sagen, dass sie hellseherische Fähigkeiten besitzen. Solche Fähigkeiten zu haben ist aber nicht das Besondere. Die wesentliche Frage ist vielmehr, ob jemand seine hellseherischen Wahrnehmungen auch erkenntnismäßig wirklich durchdringen kann.

Zu dieser Frage äußert sich Rudolf Steiner wie folgt:
«Höheres Schauen macht ebenso wenig schon zum Wissenden im Geistigen, wie gesunde Sinne zum Gelehrten in der sinnlichen Wirklichkeit machen»

Rudolf Steiner
«Theosophie» GA 9, Einleitung

Die wesentliche Frage ist demnach nicht, ob jemand geistige Wahrnehmungen hat, sondern wie jemand zum «Wissenden im Geistigen» werden kann. Deshalb ist für mich eine der zentralsten Fragen die folgende: Wie kann ich ich zu einer wahren Erkenntnis der geistigen Welten kommen?

Vor der Ausbildung geistiger Wahrnehmungsorgane steht für mich bis heute das intensive Studium der anthroposophisch-philosophischen Grundschriften, in denen Rudolf Steiner die Beobachtung der eigenen Denk- und Erkenntnistätigkeit beschreibt. Auf diesem Wege kann ich die Gewissheit erlangen, ob und in welchen Grenzen Erkenntnis überhaupt möglich ist und was unter Erkenntnis zu verstehen ist.

Es gibt also unterschiedliche Wege zur Erkenntnis der geistigen Welt. Die verschiedenen Möglichkeiten des Erkenntnisweges habe ich vor allem auf der Unterseite Rudolf Steiner weiter ausgeführt. (s.«Von der Erkenntnis-Theorie zum Erkenntnis-Weg»)
«Und diese goldene Regel ist: wenn du einen Schritt vorwärts zu machen versuchst in der Erkenntnis geheimer Wahrheiten, so mache zugleich drei vorwärts in der Vervollkommnung deines Charakters zum Guten.»

Rudolf Steiner
«Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?»